Mit Blumen erzählen wir Geschichten, die wir zusammen erlebt haben

Floral-Designer Manfred Hoffmann im Interview über die moderne Trauerkultur

Trauerfeiern sind heute ein komplexeres Thema als je zuvor. Daher müssen sich auch Floristen in dieser Branche der Modernisierung unserer Gesellschaft anpassen, damit sie Inspirationen und Alternativen zu traditionellen Feiern bieten können. Manfred Hoffmann ist einer davon, der bereits seit einigen Jahren seinen Kunden Alternativen anbietet, die sie vor Dankbarkeit zu Tränen rühren.

In unserem Interview spricht er mit uns über den gesellschaftlichen Wandel, die Modernisierung der Trauerkultur und wie er die Zukunft in der Trauerfloristik sieht.

Was hat sich seit den letzten Generationen in der Floristik gewandelt und welchen Einfluss hat dies auf die Trauerkultur?

Manfred Hoffmann: Seit Social Media und der Vernetzung in der Onlinewelt gibt es mit Sicherheit einen klaren Wandel zuerkennen. Durch eine veränderte Kommunikation in der heutigen Zeit und Zugang zu Informationen ist in jedem Markt ein gewisser Wandel eingetreten - auch der Blumensektor kann sich davon nicht ausnehmen. Vielleicht war der Trauer-Bereich die letzte Bastillon, auf die die Branche keine Antwort hatte.


Auch wenn die meisten Menschen bei dem Thema Trauer im eintretenden Fall doch noch auf die traditionellen Wege zurückgreifen, sollte man sich als Florist darauf vorbereiten, dass es Alternativen gibt, die man bei Anfragen bereit hält.

Sind konkrete Trends in der Trauerfloristik zuerkennen?

Manfred Hoffmann: Es gab bisher noch nie konkrete Trends in der Trauerfloristik. Es gab Gestecke, Liegesträuße, normale Sträuße, Kränze, Sarggestecke und Grabbepflanzung. Dabei gibt es seit Generationen nichts Neues. Es gab immer nur die selbe traditionelle, kirchlich-geprägte Bildsprache in der Trauerfloristik.
 Erst seit den letzten drei Jahren werden die Kunden offener und fangen an, nach etwas anderem zu suchen.


Woran hast du gemerkt, dass die Kunden offener für Neues sind und wir wohlmöglich auch in der Trauerfloristik einem Wandel unterliegen? 

Manfred Hoffmann: Die Menschen sind heute viel Trend-affiner. Sie reagieren wesentlich mehr auf Farben und sind feinfühliger. Sensibilisiert durch Mode und Lifestyle, sind mal eher Pastelltöne gefragt, mal eher kunterbunte Farbnuancen. Dabei ist nicht nur die junge Zielgruppe durch die Trendeinflüsse geprägt, auch bei den älteren Generationen haben Trends immer häufiger Relevanz. Daher sollte auch die Trauerfloristik-Branche sich dort anpassen.  


Was ist heute bei den jungen Trauernden gefragt?

Manfred Hoffmann:  Gerade diese jungen Menschen brauchen andere Bilder und Symboliken. Mögen nicht die in ihnen geprägte, altbackene Floristik. Diese wird grundsätzlich abgelehnt. Doch auch die jungen Menschen (im speziellen die Social Media-Generation) müssen sich mit dem Thema Trauer auseinander setzen. Denn der Tot macht auch vor ihnen nicht Halt. Bei jungen Trauernden muss eben nicht immer alles einer typischen Präsentation entsprechen. Zum Beispiel ist Natürlichkeit ein ganz wichtiger Aspekt. Zudem spielen die Emotionen und deren individuelle Integration eine wichtige Rolle. Wie beispielsweise der Traumfänger, er ist rund und kann auch als Kranz genutzt werden, man kann ihn hinstellen, anlehnen und auch ablegen. 

Sind denn Traditionen heute überhaupt noch gefragt?

Manfred Hoffmann: Junge Menschen übernehmen auch heute noch die Tradition, passen diese aber durch eine Neuinterpretation an die heutige Zeit an. Manche Traditionen werden sogar dank Social Media erst jetzt bekannter und weiter verbreitet. Zum Beispiel gewinnt die Tradition um den Maibaum wieder an Beliebtheit. Heute werden mehr Maibäume vor dem 1. Mai verkauft, als je zuvor. Die Menschen sind immer wieder auf der Suche nach neuen Symbolen. Das Herz als Symbol der Liebe ist und bleibt wohl ein Evergreen, genauso wie die Kreisform für Unendlichkeit steht - diese Symbole können immer verwendet werden.

Der Blütenstab ist auch eine Neuinterpretation der wohl ältesten, stärksten und wichtigsten Symbolik der Floristik: der Strauß. Der Begriff “Strauß" kommt im übrigen von “strutzen”. Blumen wurden im Mittelalter zu sämtlichen Anlässen an Stäbe gewickelt, wie auf Hochzeiten, Geburtstagen oder Festen. Aber auch Kräuter gegen Krankheiten wurden an den Stab gewickelt, um den Heilprozess zu beschleunigen.  

Die Stabsträuße wurden damals bereits gut verkauft. Die mit Blumen aufgesteckten Holzklötze konnte man nämlich hinlegen oder aufstellen. Sie sind viel flexibler und verschieden einsetzbar. Die Leute waren immer sehr begeistert von Blütenstäben und fühlten sich damit aufgenommen.

Heute gibt es in Deutschland ja viel mehr Möglichkeiten einer Beisetzung als nur die klassische Erdbestattung. Wie passt man die Trauerfloristik daran an?

Manfred Hoffmann:  Heute sind ganz andere Lebensformen möglich, wo es früher einmal nur einen “Standard” gab. Wir leben in verschiedensten Lebensgemeinschaften, die alle andere Wege und andere Kommunikationen sowie Lebensweisen formen. Deswegen müssen wir das auch im Umgang und in der Präsentation mit den Blumen machen - und auch mit den Bestattungsformen. Gerade bei den jüngeren Generationen sind nicht nur klassische Beisetzungen gefragt. Neben der Grabbestattung gewinnen Bestattungen im Friedwald, die See- oder Baumbestattung sowie Diamanten-, Feuer-, oder Eisbestattung immer mehr an Beliebtheit. Aber auch alternative Feiern gewinnen zunehmend an Interesse. Häufig haben die Freunde zusätzlich eine interne Verabschiedung, die unabhängig von der Trauerfeier stattfindet. Dies ist häufig eine Art von Party, die alleine im Freundeskreis zelebriert wird, um sich von dem Kumpel oder Bekannten auf ihre Art zu verabschieden. Für solche Trauerfeiern braucht man auch andere Lösungen. Hierzu eignen sich zum Beispiel andere Symbole und Blumen-Arrangements wie die Blütenkette mit Peace-Symbol.

Was ist denn aktuell der Beststeller im Trauerfloristik-Bereich bei jungen Menschen?

Manfred Hoffmann:  Die jungen Menschen wollen Elemente kaufen, die ihre Emotionen interpretieren.  Ich verkaufe hier am häufigsten einen kuscheligen Kranz beispielsweise mit Pfingstrosen und Hortensien aufgekront und dick wulstig geformt. Er strahlt solche Gemütlichkeit aus, dass die Kunden gerne mal ihren Kopf drauf ablegen, weil er so kuschelig ist, oder ihre Tränen in den Augen kaum zurückhalten können. Zudem sind Blumen-Arrangements und Symbole, die flexibel sind, allgemein eher gefragt. Sie dürfen auch gerne mal preislich unterschiedlich sein, für jedes Budget und jeden Anlass. Die Ideen zum Blütenstab, Anlehn-Strauß, der Blütenkette und Traumfänger sind alle variabel gestaltbar und somit preislich anpassbar - für alle Bedürfnisse.

Grundsätzlich kommt es aber auf die Individualität an. Ich frage mich als Florist immer: "Wie erzähle ich mit meinem Werkstück die Geschichte des Verstorbenen?" Bei mir gibt es immer eine Idee dahinter. Dazu wird dann ein ganz persönliches Arrangement gefunden.